20.02. Einweihung des neuen Schulgebäudes

Nun war der große Tag da: die Einweihung des neuen Schulgebäudes! Wir kramten unsere besten Klamotten heraus, um nicht völlig gegenüber unseren Gastgebern abzufallen und einigermaßen würdig das große Ereignis mitzufeiern. Allerdings stachen uns die Lehrer und v.a. die Kinder mehr als aus: Die Frauen und Mädchen kamen wie immer in Tracht, die diesmal aber besonders prächtig war.

 

Die Lehrer hatten sich doch glatt bereits um 4 (!!!) Uhr morgens in der Schule getroffen, um das Schulhaus zu dekorieren und den Sportplatz für die Feier vorzubereiten. Das Ergebnis war auch sehr gelungen – der Sportplatz war mit einer riesengroßen Plane abgedeckt, um die Sonne fern zu halten. Für uns „Honoratioren“ standen Stühle ganz vorne im Zentrum bereit, neben den Honoratioren der Stadt, zu erkennen an ihren „Zeptern“, die sie voller Würde vor sich hertragen. Zu ihrer Würde gehört offenbar auch, dass sie keinesfalls lächeln dürfen. Ganz im Kontrast zu den vielen, herzlichen, freundlichen Menschen. Die Dankesreden und Aufführungen der Kinder und Musiker waren bewegend, schön und kurzweilig. Eine Marimbaphongruppe (das Nationalinstrument Guatemalas) untermalte das Geschehen sehr gekonnt. Die Musik klingt eigentlich ein wenig wie unsere bayerische Volksmusik – Sie animierte Renate, Eberhard und Hanne zu einem flotten Walzer auf dem Parkett!

 

Nach dem offiziellen Teil wurden wir wieder an exponiertem Ehrenplatz (Stofftischdecke! Stoffservietten!) mit guatemaltekischer Suppe und Maispaste versorgt. Mais ist als Nahrungsmittel sehr beliebt bzw. notwendig: in Tortillas oder als gekochte Paste oder als Getränk. (Ehrlich gesagt wäre der Mais als Kolben die mir angenehmste Form) Die Mithilfe der Eltern ist auch enorm. Am Nachmittag zuvor hatten etliche Mütter 700 Maispastetchen zubereitet und diese in Blätter eingerollt. Super viel Arbeit, aber die Mütter schienen daran auch Spaß zu haben. Das fällt mir überhaupt auf: Die Menschen hier genießen das Zusammensein. Sie helfen einander, unterhalten sich und lachen ganz viel. Was für liebenswürdige Menschen!

 

21.2.2018 bis 23.2. Besuchstage in der Schule

Diese Tage waren wiederum von Besuchen in der Schule geprägt. Eberhard filmte und wir spielten Mäuschen in den Klassenzimmern. Am Donnerstag hielt ich meine erste Englischstunde im „Basico“. Die Jugendlichen im Alter zwischen 15 und 18 Jahren ließen sich aufmerksam und lernmotiviert auf das Thema „feelings“ ein, obwohl ich das Thema als alte Grundschullehrerin eher für 9-jährige zubereitet hatte. Von so einer Lernhaltung können wir LehrerInnen in Deutschland nur träumen! (Ich weiß, wovon ich rede!) Künftig werde ich ihnen eher Raps als „When you`re happy and you know it, clap your hands“ anbieten!

 

Die Einladung bei zwei Lehrern hat uns alle auch sehr beeindruckt. Sie leben unglaublich einfach um nicht zu sagen, arm. Umgeben von vielen Kindern, die alle zur Großfamilie gehören, Katzen, Hunden, Schweinen, Hühnern tobt dort das Leben. Das meine ich keinesfalls negativ – auch hier herrscht eine freundliche, vergnügte Atmosphäre, die sich allerdings nicht unbedingt auf die Tiere bezieht. Zum Thema „Tiere“ komme ich später noch. Jedenfalls ließen sich die Gastgeber nicht lumpen. Sie verwöhnten uns mit sehr aufwendig zubereiteten Speisen. Und die Kinder verwöhnten uns mit ihren Liedern, die wir wiederum mit deutschen Liedern ergänzten.

24.2. Freitag, Abfahrt meiner ReisegenossInnen!

Ein bewegender Tag für mich – Abschied (von meinen lieben Mitreisenden) und Beginn (meiner Arbeit in der Schule) Ganz alleine (!!!) fand ich den Weg zur Bushaltestelle, ganz alleine (!!!) stieg ich an der richtigen Stelle aus und lief dann ganz alleine (!!!) an etlichen, Gott sei Dank noch schlafenden Hunden vorbei zur Schule. Dort erwartete mich ein erst zu nehmender Arbeitstag mit allerdings nur 4 Stunden (zum Eingewöhnen). Die Kinder waren wiederum hoch motiviert und aufmerksam – eine Freude für eine Lehrerinnenseele! Den Abend verbrachte ich bei meiner Gastfamilie. Das wird in Zukunft auch zwar nicht immer, aber häufig der Fall sein.

25.2. / 26.2. Mein erstes Wochenende alleine

An diesem Tag habe ich mich v.a. mit diesem Blog befasst – mit nur eingeschränktem Erfolg, wie ich leider sehen müsst (s. Anfangs-Unschönheiten).  Besondern zeitaufwendig ist das Herunterladen von Fotos - ein Foto dauert gerne mal 10 Minuten. Daher müsst ihr euch vorerst mit wenigen Fotos begnügen. Dank Jannik konnte ich immerhin einige Artikel ins Netz stellen. Übrigens Netz: Natürlich gibt es das hier nicht überall und selbstverständlich wie in Deutschland aber doch erstaunlich oft. Auch hier in Momostenango. Z.B. in einem wunderhübschen Cafe um die Ecke mit hervorragendem Cappuccino. Da werde ich am Wochenende Dauergast sein. Zumal da die Betreiber extrem großzügig sind und einen auch nach etlichen Stunden nicht vertreiben. Netz gibt`s außerdem in dem Hotel, in dem wir zuvor waren.  Da darf ich auch sitzen und mit der Tastatur klappern so lange ich will. Wenn alle Stricke reißen, gucke ich mit von dort aus sogar mal einen „Tatort“ an! Jetzt braucht`s das noch nicht, aber was wie ich, wie ich in 6 Wochen drauf bin? Jedenfalls habe ich nicht vor, zu viel Zeit vor zu viel Zeit vor dieser Kiste zu sitzen, wenn um mich herum das Leben tobt. Also, liebe Leser, in der Kürze liegt die Würze! Apropos Kürze: Die Dämmerungszeit ist hier superkurz: Nach 30 Minuten ist es von taghell bis stockfinster. Da ich nicht blind tippen kann, muss ich mich daher für heute leider verabschieden. Hasta luego!

 


27.2.-2.3. Erste Woche in der Schule

 

27.2./28.2./1.3/2.3. Erste Schulwoche mit vollem Englischprogramm!

 

Hier mein Stundenplan:

 

ZEIT

Montag

Dienstag

Mittwoch

Donnerstag

Freitag

9-10

3.Klasse

$.Klasse

2.Klasse

5.Klasse

2.Klasse

10-10.30

P

A

U

S

E

10.30-11.30

Vorschule

6.Klasse

1.Klasse

Vorschule

1.Klasse

11.30-12.30

5.Klasse

 

3.Klasse

6.Klasse

4.Klasse

12.30-13.00

P

A

U

S

E

13.-14

Basico  3

Basico3

Basico 2

Basico 2

Basico 1

14.20-15

 

Basico2

LehrerInnen

 

LehrerInnen

15.00-15.40

 

Basico2

 

Basico 3

 

15.40-16.00

P

A

U

S

E

16.00-16.35

 

 

 

Basico 3

 

16.35-18.00

 

Basico1

 

Basico 1

 

 

 Diejenigen, die bereits eifrig den Flyer oder die Internetseite des Vereins Aldea Laura in Nürnberg studiert haben, wissen, dass die Schule mit einer Vorschule beginnt, gefolgt von einer 6-Jährigen Grundschulzeit und schließlich mit 3 Jahren „Basico“. Die Schule ist einzügig, d.h. insgesamt gibt es 10 Klassen. Da alle von meinem hochqualifizierten Englischunterricht .-) profitieren wollen, bin ich mehr als beschäftigt! Leider werde ich mir nur einen Bruchteil der über über 250 Kinder merken können. Die Namen sind international: natürlich Maria, Estefania, Carlos, Juan aber auch Claudi, Ingrid, Erich, Ludwing (sic!) aber auch Kevin (!! So !) und Wendy (!!!). Einige klingen in meinen Ohren so fremd, dass sie nicht einmal in meinem Kurzzeitspeicher Platz gefunden haben. In der ersten Woche war es also eine wichtige Aufgabe, die Kinder Namensschildchen schreiben zu lassen.

 

Wie gesagt: Die Kinder sind äußerst lernbereit, diszipliniert, freundlich, fröhlich und auf sehr angenehme Weise aufgeweckt. Bei dieser Gelegenheit mal eine Kurzwerbung für den Verein „Aldea Laura“:                                                           Dieser Verein ist ein absolutes Erfolgsmodell! Der neue Schulbau ist wunderbar geraten und was sich drinnen aufhält nicht minder! Kinder, Lehrer, Schulleitung und nicht zuletzt die Eltern (s. Vorbereitung des Einweihungsfestes) sind ein echt überzeugendes Team! Die Lehrer sind hochmotiviert und arbeiten oft weit über ihr Stundenmaß hinaus (s. Vorbereitung des Einweihungsfestes)  Sie sind jung, kennen sich auch privat oder sind sogar miteinander verwandt (oder verheiratet). Der Schulleiter Juan Xiloj betreut die Schule sehr umsichtig und zuverlässig – besonders während der Bautätigkeiten war er mehr als ausgelastet. Es herrscht eine konzentrierte, aber auch fröhliche Atmosphäre, die es mir leicht macht, mich in dem Kollegium und in der Schule gleich wohl zu fühlen. Abgesehen von kleineren notwenigen Kosten fließen alle Spenden in die Schule. Z.B. haben alle Mitfahrer auf dieser Freise ihre Unkosten incl. Flug und Hotel und Essen und allem aus eigener Tasche finanziert! Das ist auch gut und richtig so, da jeder Quetzal (So heißt hier die Landeswährung) für die Kinder benötigt wird, die zum Großteil in großer Armut leben. Etliche Kinder – und ich meine Kinder auch schon unter 10 Jahren - müssen zu Hause aktiv zum Lebensunterhalt beisteuern. Viele, auch Jungen, nähen z.B. Kleider, die dann am Markt verkauft werden. Oder sie schleppen Holz oder andere Waren oder helfen im Minigeschäft mit oder…. Der Möglichkeiten gibt es viele.

Kurz und gut: Hier kommt euer Geld garantiert dort an, wo ihr es haben wollt! Liebe Leute – spendet! Und nicht nur zur Weihnachtszeit!

2.3.2018      Ein ganz normaler Tag

 

Ca. eine Stunde vor dem Wecker, der auf 7 Uhr gestellt ist, wecken mich die Hunde und die Hähne und dann auch bald die Autos auf. Mit einem Kaffee in der Hand widme ich mich erst einmal meinen Spanischstudien und suche mir die Wörter des Tages zusammen, wie z.B.: „Wenn ihr euch nicht gleich hinsetzt, dann setzt`s was!“ oder: „Das war nix, setzen, 6!“ (Ich beliebe natürlich zu scherzen!) Ich Luxuspüppchen habe mir erst einmal eine Kaffeemaschine gekauft – ich sehe es nicht ein, im Land des Kaffees von Nescafé zu leben, wie es die meisten hier erstaunlicherweise tun. Mein Morgenritus unterscheidet sich kaum von dem heimischen mit dem Unterschied, dass ich mir aus dem großen Waschbecken im Innenhof einen Eimer mit Wasser hole, den ich zuerst zum Waschen benütze und anschließend als Klospülung gleich wassersparend weiter verwende. Ich gehöre zu den Glücklichen hier, die sich das Wasser nicht aus einem Brunnen oder Quelle holen müssen, sondern die über eine Wasserleitung direkt vor Ort verfügen. Auf den ersten Blick erschien mir meine Behausung schockierend primitiv, aber verglichen damit, wie ein Großteil der Menschen hier lebt, ist´s der pure Luxus! In meinem Zimmer gibt´s Licht und sogar eine Steckdose, die zu meinen deutschen Anschlüssen passt!

Also, nach dieser Abweichung zurück zu meinem Tag: Ich marschiere gegen 7.45 die 10 Minuten durch die bereits voll erwachte Stadt zu meiner Bushaltestelle. Erwacht heißt: Die Stände sind schon aufgestellt und Menschenmassen schieben sich durch die Straßen, die sie sich v.a. mit den Tuc-Tucs“- Minitaxis auf 3 Rädern - teilen.

Zu meiner Freude fährt der Bus fast mit deutscher Pünktlichkeit kurz nach 8 Uhr ab. Die Fahrt führt aus der Stadt hinaus auf einen Berg hinauf (naja, eher einen höheren Hügel) – ca 4 Kilometer. Da gibt es für mich eine Menge zu sehen: Familien, die Körbe auf den Köpfen trage, Frauen, die Wäsche am Fluss waschen, wiederum Familien, die mühsam mit Hacken ihr Feld für die nächste Maissaat vorbereiten und v.a. Straßenhunde in rauen Mengen.

Von meiner Ausstiegstelle laufe ich ca 15 Minuten zur Schule – ein hübscher Weg, wiederum an einer Waschstelle am Fluss vorbei und an kleinen Häuschen, in den „unsere“ SchülerInnen wohnen. An jeder Ecke werde ich mit „Good morning, Miss Ana!“  begrüßt. So viel Englisch haben die Kinder immerhin schon in einer Woche gelernt! 

In der Schule bleibt mir ca. noch eine halbe Stunde um mich auf den Schultag einzustimmen und meine Materialien herzurichten. Das schwierigste ist für mich am Anfang, den Überblick zu behalten: Ich unterrichte immerhin ALLE Klassen: 278 Kinder in 10 verschiedenen Klassen! Dazu kommen noch die Lehrer in 2 unterschiedlichen Gruppen und 2 Privatkurse mit meiner Familie im Ort.

Es ist schon erstaunlich, wie wenig Englisch die Kinder nach z.T. so vielen Jahren Unterricht können. Der Englischunterricht beginnt hier nämlich schon ab der ersten Klasse! Naja, wenn man bedenkt, wie wenig Englisch die Lehrer können, ist`s denn doch nicht erstaunlich. Man muss ja auch berücksichtigen, dass Englisch für die Kinder bereits die 2. Fremdsprache ist. Ihre Muttersprache ist die Mayasprache Quiché, dann folgt Spanisch als 1. Fremdsprache und dann eben Englisch.

Und so eile ich mit all meinem Graffl incl Gitarre von Klasse zu Klasse. Es macht viel Freude, weil die Kinder (zumeist) mit Begeisterung bei der Sache sind, ist aber auch sehr anstrengend, da ich immer wieder meine englischen Erläuterungen auf Spanisch wiederholen muss, wenn die Kinder so gar nichts verstehen. Langsam habe ich die üblichen Schulsätze drauf (s.o.) aber ich komme doch immer wieder in Verlegenheit, neu formulieren zu müssen und da fehlen mir oft noch die Worte. Ich hoffe, das ändert sich ganz schnell ganz erheblich!

Der Schultag wir auf angenehmste Weise immer wieder unterbrochen durch Pausen. Mittags versorgen mich die Kollegen sogar mit warmem Essen. Die Kinder erhalten hier auch Frühstück und Mittagessen – oft ist das ihre einzige Speise.

Je nach Wochentag endet meine Arbeit am Nachmittag oder erst am Abend. (s. Stundenplan)

Dann laufe ich die 4 Kilometer nach Hause. Leider wurde mir gestern davon abgeraten, zumindest für die Tage, an denen ich erst am Abend Schluss habe. Es seien mehrere „gefährliche Männer“ unterwegs, die ab und zu mal Leute angreifen und gerne auch mal töten. Daraufhin hatte ich ein längeres Gespräch mit einem Kollegen. Er meinte, die (männliche) guatemaltekische Gesellschaft sei geprägt durch Aggression. Ich habe bisher nur das Gegenteil beobachtet. Da ich die reelle Gefahr aber nicht einschätzen kann und mich in ein paar Monaten gerne vollständig meinem lieben Manne wieder in die Arme werfen möchte, werde ich halt die Kröte schlucken und mit dem Bus fahren. Zu blöd aber auch! „Gallo“ – ein  Bettbierchen. (s. „Luxus“) – Salud!

Gedenkfeier für Renate Hänsler 5.3.2018

Wie die „Insider“ schon wissen, war Renate Hänsler die Dame, die vor 22 Jahren zusammen mit ihrem Sohn Diemo und Theodore unsere Schule gegründet hatte. Vor 4 Jahren ist sie nach langem Leben verstorben, doch ihr Name wird hier noch immer sehr hoch gehalten. Entsprechend ehrenvoll wurde ihr heute, an ihrem 4. Todestag gedacht. Ihr zu Ehren wurde ein Tisch mit ihrem Bildnis errichtet und einem wunderschönen, aufwendigen Blumendekor (s. Foto). In der Gedenkveranstaltung, an der alle Grundschul- und auch einige Basico-Kinder teilnahmen wurden sie und ihr Einsatz für die Kinder mit einigen Reden und musikalischen Beiträgen gewürdigt. Vorher zündete eine Schülerin die Kerzen an ihrem Bild an.  Die Veranstaltung hat mich beeindruckt, v.a. das unglaublich geduldige Verhalten der Kinder: Auch die Vorschulkinder blieben still stehen (In einer Reihe! Ohne herumzuhampeln! Ohne sich zu schubsen oder sich anderweitig zu beschäftigen!) Bei uns in Deutschland wäre das kaum vorstellbar. Und wenn, dann würden wir Lehrer vermutlich ziemlichen Ärger mit den Eltern bekommen von wegen militärischer Drill oder Kindeswohlmissachtung oder dergleichen. Ne, die Kinder verhielten sich diszipliniert, ohne eingeschüchtert oder gedrillt zu wirken. Sie machten sogar mit und beantworteten auch noch nach 45 Minuten willig Fragen zu ehrbarem Verhalten. Und zwischendurch wurde auch immer wieder herzlich gelacht. Irgendwie gefällt mir das!

 

5.3. bis 9.3.

 

Die Kerze für Renate Hänsler brannte übrigens noch am Freitag -vor ihrem Bild mit Blumenschmuck. So viel Ehrfurcht und Ehre wird ihr zugedacht!

Die Woche brachte schulisch eigentlich nicht recht viel Neues, außer dass ich nun schon richtig im Alltag angekommen bin und ganz selbstverständlich meine Wege gehe und meine Arbeit tue. Die Kinder lerne ich langsam etwas besser kennen, wobei ich mir leider bisher nur wenige Namen merken kann. (Kimberley kenne ich allerdings!) Es sind einfach zu viele! Ich genieße die Freundlichkeit und die Zugewandtheit der Kinder und der KollegInnen. Allerdings wird es mir manchmal auch schon zu viel mit der Nähe: Besonders die jüngeren Kinder sind sehr körperbezogen und man muss es schon mögen, wen einem jemand von hinten plötzlich in die Seite piekt oder durch die Haare streicht (weil meine Haare halt so schön hell und gelockt sind…) Leider sind diese Kinderhände auch nicht unbedingt die saubersten. Auf meinen Vorschlag hin wurde umgehend eine – ganz einfache, aber wirkungsvolle – Verriegelung an die Toiletten angebracht und an einer Möglichkeit zum Händewaschen wird auch schon gearbeitet. Auch umgehend, nach meiner Anmerkung, dass dies dringend notwendig sei. Das ist es wirklich: Die Toiletten sind das einzige an der Schule, was mit ÜBERHAUPT nicht gefällt. Allerdings – ohne Wasser funktionieren eben nur Plumpsklos. Am vergangenen Donnerstag gab es auch in der Küche nur sehr wenig Wasser und die armen Küchendamen, Veronica und Maria, mussten Wasser aus Quellen beschaffen.

 

Apropos Veronica und Maria: Das sind zwei liebe und tüchtige Damen! Wenn ich gegen 8.30 in der Schule auftauche, bekomme ich erst einmal einen „cafecito“  (Käffchen) kredenzt. Bereits um 5 Uhr morgens kommen sie in die Schule, um die Mahlzeiten für die Kinder vorzubereiten: Frühstück, Pausensnack und ein warmes Mittagessen. Das Mittagessen ist sehr einfach aber sättigend: Es besteht aus Reis oder Nudeln mit ein paar Karotten, dazu manchmal frijoles (schwarze Bohnen) Das Essen ist nur für die Kinder bestimmt, die Lehrer müssen sich ihr Essen selbst mitbringen. Luxuriöserweise  steht  zum Aufwärmen ein Microwellenherd bereit. Davon profitiere ich auch, da mich die Lehrer durchfüttern. Mein anfänglicher Protest blieb unerhört – Ich habe einfach eine Sonderstellung und das weiß ich auch zu schätzen.

16.4. bis 20.4

In dieser Woche hatte ich endlich den Eindruck, dass doch manche etwas lernen. Auch was meine Methodik betrifft: Die meisten wissen nun, dass ich Einzel – und nicht Gruppenantworten hören möchte und dass man sich aus diesem Grunde melden muss, wenn man etwas sagen möchte. Und mache trauen sich auch schon mehr zu. Und manchmal sind die Antworten auch richtig. Aber eher selten. Und meist nur sehr rudimentär – d.h. in Wortbrocken. Naja – aber immerhin! Ich muss meine Erwartungen hier halt ganz nach unten schrauben. Sonst werden wir miteinander nicht glücklich.  

23.4. bis 27.4.  Weitere Eindrücke in der Schule

 

Einerseits sind die Kinder unglaublich unselbständig- Direkt nach ausführlicher Erklärung incl. Demonstration einer Aufgabe fragen sie häufig nochmals nach- andererseits auch super selbständig und zuverlässig. Sogar die kleinen Vorschulkinder!

 

Belén musste einem Kind die Haare waschen – das dauerte! Derweilen war ihre Klasse ganz alleine! Unbeaufsichtigt! Da wären wir in Deutschland schon mit einem Fuß im Gefängnis! Ich bot mich an, in ihre Klasse zu gehen. Belén akzeptierte dies freundlicherweise. Es wäre nämlich überhaupt nicht nötig gewesen! Die gesamte Klasse war mit dem Malen von Schneewittchen und den 7 Zwergen befasst. All. Ohne Ausnahme. Keiner fing eine Prügelei an, baute mit den Stühlen Türme oder machte sonst einen Quatsch, wie es bei uns durchaus vorstellbar wäre! Ich setzte mich diskret ins Eck und versuchte, die Konzentration nicht zu stören. Kaum hatten sie mich allerdings entdeckt, wollten sie sich bei mir Lob und Stempel abholen. Das kenne ich von unseren deutschen Kindern auch.

 

Sorgfalt – ein weiteres Thema. In Deutschland ist es geradezu verpönt, von den Kindern Sorgfalt zu verlangen. Da bekommt man von den Eltern gerne mal gesagt: „Warum soll er das nochmals schreiben – das kann man doch lesen?“ Hier wird auf eine schöne Handschrift großer Wert gelegt. Allerdings artet das schon in Drill aus (5 Seiten lang ein Wort schreiben, kann nicht effektiv sein!). Auch geht diese (verplemperte) Zeit auf Kosten von wichtigen Lerninhalten. Wie z.B. Lernen lernen.

 

Allerdings gibt es auch Kinder, die entsetzlich schmieren. Merkwürdigerweise lassen das die Lehrer durchgehen und quittieren solche Einträge noch mit einem Stempel „Buen Trabajo“. Tät ich ja nun nicht.  

14.5. bis 18.5.

 

Türen!

 

Endlich wurden vergangene Wochen die Türen eingebaut! Zwar unter ohrenbetäubendem Krach (Wie soll man sich mit dem Getöse des Schlagbohrers konzentrieren?) aber es hat sich gelohnt: Die ganzen Wochen über empfand ich die Unruhe im Schulhaus als sehr belastend, zumal da die Kinder oft im Chor sprechen und bei jeder Gelegenheit applaudieren. Und jetzt kann man einfach die Klassenzimmertüre schließen! Eine Wohltat!

Lernzuwachs!

Die Kinder lernen dazu! Jawoll!! Zwischendurch (nach Ostern) hatte ich dies bezweifelt, aber nun lässt es sich nicht mehr leugnen: Sowohl was meine Methodik betrifft (sich melden, einzeln antworten, nicht nur nachsprechen sondern eine passende Antwort finden, Dialoge ausführen…) als auch inhaltlich. Immerhin ein bisschen. Auch die Aussprache wird besser. Die Kinder haben nämlich unheimliche Probleme, y (wie in „Yes“ ) und -d (wie in „red“) auszusprechen. Stattdessen sagen sie „Dsches“ un „redsch“. GANZ schwierig. Ich gehe von Kind zu Kind, aber bei einigen klappt`s einfach nicht. Dann lasse ich sie auch in Ruhe. Auch musikalisch sind wir auf einem guten Weg. Eigentlich unterrichte ich nur Englisch, aber da kann man ja auch Lieder singen. Mit den älteren Kindern/Jugendlichen singe ich sogar „Are you sleeping“ , „Hi, Hello, Good morning, how are you?“ und „I like the flowers“ im Kanon.

 

11.6. bis 15.6.2018 DISZIPLIN!

Disziplin. Ein hässliches Wort? Typisch Deutsch? Letzteres sicher. Ersteres abhängig von der Auslegung, von der Situation.

 

Wie komme ich überhaupt jetzt da drauf?

 

Für mein Verständnis von einem effektiven (schon wieder so ein deutscher Begriff!) Unterricht geht es in einigen Klassen sehr undiszipliniert zu: Etliche Kinder unterhalten sich, pfeifen, singen, klopfen mit ihren Stiften am Tisch, spielen mit was immer sich ihnen anbietet – frei nach dem Motto: Ui guck mal – cool! Ein Fussel -  inspizieren die Hefte der anderen, laufen im Klassenzimmer umher, werfen Stifte, Radiergummis, Spitzer.. durch`s Zimmer, rufen ihre Antworten einfach laut in die Klasse, schreien jederzeit nach „Miss Ana!“ weil sie für jedes Wort, das sie geschrieben haben, eine Bestätigung wollen (Ich übertreibe NICHT!)….                                                                                                                 SO KANN ICH NICHT ARBEITEN! Also wird die „Miss Ana“ energisch und besteht auf Grundverhaltensweisen im Unterricht. Also: Wir haben nichts am Tisch, was wir nicht gerade benötigen, wir melden uns, wenn wir etwas sagen wollen, wir laufen nicht im Klassenzimmer herum… Und wir pieksen unsere Lehrerin nicht an (schon gar nicht von hinten und erst recht nicht in die Rippen), wenn wir etwas von ihr wollen. Das kann ich überhaupt nicht vertragen!!!

 

Dann wieder versuche ich, nachgiebig zu sein und die Hintergründe der Kinder mit einzubeziehen: Viele haben nur rudimentäre Materialien dabei, daher werden ständig Materialien ausgetauscht und wenn der Adressat weiter weg sitzt, eben hingeworfen. Ist ja auch nett, dass sie einander aushelfen! Die Kinder sind unglaublich unsicher und unselbständig, das Bedürfnis nach Vergewisserung groß. Daher der Blick in das Heft des Nachbarn und die Rufe nach der Lehrerin. Körperlich Berührung ist hier ganz normal. Wer einmal Chickenbus gefahren ist, weiß auch weshalb. Die meisten Kinder haben große Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren. Ihr Unterricht besteht zum großen Teil aus Nachsprechen und Abschreiben. Einem mündlichen Unterricht zu folgen oder sich gar aktiv einzubringen, ist für sie  gefährliches Neuland. Eigene Ideen zu entwickeln, eine völlige Überforderung. Daher das Bedürfnis nach Ausgleichsbeschäftigung (Fussel). Gestern mutete ich meinen Basico 1 Kindern (12-14- Jährige) zu, selbst Sätze auf Englisch aufzuschreiben. Da ging tatsächlich ein Aufschrei des Entsetzens durch die Klasse! Echt! Ich musste SO lachen! Tatsächlich sollten die Kinder nur ihrer Lieblingsbeschäftigung nachgehen und die Tafelanschrift abschreiben, ABER: in jedem Satz sollten sie das Wörtlein „is“ ergänzen. (Z.B. The elephant -  big = The elephant is big) Wir hatten natürlich vorher alle Sätze komplett vor- und nachgesprochen! Tatsächlich waren ca 50 % der Kinder zu dieser Aufgabe nicht in der Lage! Da gerate ich schon an die Grenzen meiner Geduld und meiner Pädagogik. Dann schnaufe ich wieder durch, stelle mir vor, in welchen Hütten die Kinder wohnen, mit 10 Geschwistern und keinerlei Bildungsvergangenheit (ein schönes Wort, gell? Habe ich gerade erfunden! Klingt auch schön deutsch!) da sieht es mit der Bildungsgegenwart eben auch nicht rosig aus.

 

Manchmal befürchte ich, dass ich die Kinder mit meiner Pädagogik und Methodik überfordere oder gar abschrecke. Fordern tu ich sie schon, hoffentlich nicht über - , abschrecken hoffentlich nicht. Nach dem Unterricht kommen sie gleich wieder auf mich zu, um sich mit Umarmung von mir zu verabschieden. Bei allen Klassen merke ich inzwischen, dass meine Bemühungen Früchte tragen, dass die meisten Kinder auf meinen anderen Unterrichtsstil eingehen. Und ich hoffe auch sehr, dass mein Unterricht inhaltlich Früchte trägt! Auch wenn die Früchte teilweise sehr, sehr klein sind. Mir ist es auch sehr wichtig, den Kinder zu verstehen zu geben, dass sie als Individuen wichtig sind, dass sie für sich selbst und für ihr Lernen Verantwortung tragen müssen. Und dass das Lernen Spaß machen kann und dass Lernerfolge einen stolz machen können. Und so.

 

 

 

Was ist das Ziel unserer Schule in Chucruz? Ein Kollege gab auf meine Frage neulich die Antwort: Verantwortungsbewusste Bürger heranzuziehen, die mit Hilfe ihrer Bildung ihre persönliche Zukunft und die der guatemaltekischen Gesellschaft in die Hand nehmen können. Das ist ein schönes, hehres Ziel. Wenn ein Kind pro Jahrgang in diese Richtung steuert, dann ist das schon viel, meine ich. Ein realistischeres Ziel wäre: Allen Kindern Grundlagen im Lesen, Schreiben und Rechnen vermitteln, ihr Selbstbewusstsein zu stärken, einigen Kindern die Möglichkeit zu einer weiteren Ausbildung und damit besseren, materiellen Zukunftsaussichten zu verschaffen und die wenigen herauszufiltern, die echt begabt und für eine höhere Bildung geeignet erscheinen. Die gibt es durchaus auch.

 

Disziplin? Wenn meine Dienste gefragt sind, dann geht`s nicht ohne. Zum einen bin ich davon überzeugt, dass eine angenehme, freundliche Atmosphäre, dass Ruhe und Aufmerksamkeit und ja: Disziplin notwendig sind um gut zu lernen. Und ich bin hier lange genug, dass auch ich mich  wohlfühlen möchte. Und dafür brauche auch ich ein entsprechendes Arbeitsumfeld.

 

Ist schon interessant: erst im Ausland merke ich, WIE deutsch ich bin!

 

Morgen beim Spiel gegen Mexico darf ich das in anderer Hinsicht unter Beweis stellen! Ich habe mich mit meinem Bekannten, Alonso, dem Mexikaner zum gemeinsamen Gucken in unserem Lieblingscafé verabredet! Da freue ich mich schon drauf!

Abschied

Nur noch eine Woche. Jeder Tag nur noch einmal. Die Zeit des Abschiednehmens ist gekommen. Obwohl ich mich seit langem (eigentlich seit Anbeginn) sehr auf Wolfgang und den Urlaub mit ihm hier freue und auf Mareike und Svenja und auf Nürnberg und auf unsere Terrasse und auf unsere Katze Momo und auf mein Fahrrad und auf die Biergärten und… halt mein „normales“ Leben wird mir schon auch etwas wehmütig um`s Herz, wenn ich an den Abschied von den Menschen denke, von denen sich mir einige in`s Herz geschlichen haben. (s. Krankheiten/Unfall)

 

Die Abschiedsphase begann letzte Woche mit unserem

Lehrerausflug zum Bad „San Bartoló“.                                                                                                                                                     Der Lehrerausflugstag ist übrigens festgelegt für ganz Guatemala. Also: Wir fuhren mit einem Mikrobus die ca 20 km (Fahrzeit: ca 1 Stunde) zum Bad. Heiße Quellen (ZU heiß!). Ganz schön. Jedenfalls hatten wir viel Spaß miteinander, überschattet allerdings durch den Unfall Edgars, der sich an diesem Morgen ereignet hatte. Um meine Kollegen finanziell zu entlassen, lud ich sie zu diesem Ausflug ein, aber – das ließen sie nicht auf sich sitzen! Nach dem Bad überraschten sie mich mit einem lukullischen Menü, das wir in der Picknickaerea verspeisten. Allerdings gestört durch die vielen Bienen und den einsetzenden Regen. Also, alles zusammengepackt und ab in den Bus! Bei mir gab es dann noch Kaffee und Kuchen. Mein Lieblingscafé hier kann wunderbar Kuchen backen, allerdings zu sehr stolzen Preisen (den deutschen vergleichbar), die sich nur wenige leisten können. 

Woche 2.7. bis 6.7.

Nun ist jeder Tag ein Abschied: Gestern Abendessen mit meinem netten Nachbarn Jorge Luis, morgen besuchen Ingrid und ich nochmals Kollegin Antonietta, die vor zwei Wochen einen Jungen geboren hat, am Freitag lade ich die Kollegen zu einem deutschen Abendessen in der Schule ein, (Fleischpflanzerl) am Samstag werde ich die Uni besuchen, in der Juan und Dolores studieren, am Sonntag Danilo und Ingrid und ihre Kinder (Alex, Dani und Isabella) besuchen und am Montag in der Früh fahre ich dann nach Antigua. Dienstagnacht hole ich Wolfgang vom Flugplatz in Guatemala City ab. Einen Tag gönnen wir uns in Antigua. Am Donnerstagmorgen geht es dann wieder nach Momostenango. Am Freitagvormittag bis 14.00 Uhr Schule (mit Wolfgang) und anschließend Abschiedsfest in der Schule. Alle Klassen werden im „Salon“ vorführen, was sie in den fünf Monaten mit mir gelernt haben. Das werden Lieder sein, aber auch kleine Dialoge und eine Szene im Restaurant. Und dann gehen Wolfgang und ich auf Reisen. Nach 3 Wochen werden wir noch einmal kurz hier landen, um zwei Tage der „Feria“ mitzuerleben und meinen dicken Koffer abzuholen. Am 5.August heißt es dann erst einmal „Adiós, Guatemala!“.