Wochenendgestaltung

 

Normalerweise freut man sich ja auf`s Wochenende. Freitagnachmittag – SUPER!!

 

Bisher war es für mich hier anders: Die Woche ist vielfältig und erfüllend – aber was tun am Wochenende? Blog schreiben, ins Café gehen, Blog runterladen, mit etwas Glück die anderen Ausländer treffen, Freitag- und Sonntagabend mit der Familie Abend essen, an einem Abend per Handy im Hotel Otono oder bei Juan den „Tatort“ angucken. Und ansonsten viel lesen und Spaynisch lernen und in der Hängematte liegen… Alles nett – aber ein ganzes Wochenende? Ich bin hier zwar auch immer losgezogen – in die nähere Umgebung – aber allein, immer nach Straßenhunden und ihren möglichen Attacken spähend, ist das kein uneingeschränktes Vergnügen. Und ich möchte uneingeschränktes Vergnügen! Ich weiß auch nicht, warum ich bis zur Regenzeit gebraucht habe um festzustellen, dass man von Xela aus wunderbar geführte Touren unternehmen kann. Es gibt hier etliche Organisatoren, die Wanderungen auf die diversen Vulkane anbieten. Meine Lieblingsorganisation heißt „Xelatreckers“. Sie besteht aus Freiwilligen (Amerikanern und Kanadiern), die ihre gesamten Einkünfte Kindern in Xela und Umgebung zugute kommen lassen. Man tut allso doppelt Gutes, wenn man eine Tour bei ihnen bucht: sich selbst und den Kindern!

 

Dieses Wochenende war ich also in Xela, habe meine Touren für die nächsten Wochenenden gebucht und bei der Gelegenheit verschiedene Hotels inspiziert. Wenn ich nämlich keine Tour vorhabe, werde ich trotzdem nach Xela fahren, um dort die Infrastruktur mit netten Lokalen und lebhaften Plätzen  und sogar einem richtig schicken Mutliplexkino zu genießen. Und es ist auch mal ganz schön, nicht der einzige Hüne zu sein! Und nicht ständig angestarrt zu werden. Das Anstarren ist zwar freundlich, aber irgendwann ist`s auch mal wieder gut. 

26.5./27.5. Wanderung auf den Tajumulco

Da ich mir für das Wochenende nun gerne immer etwas vornehmen möchte, hatte ich zuvor bei zwei Touri-Organisationen in Xela Wanderungen gebucht. In Deutschland würde es mir nicht einfallen, Wanderungen zu BUCHEN, aber hier macht das durchaus Sinn: Beim alleine Wandern kann man überfallen werden, sich verlaufen, da die Wege nur sehr spärlich oder nicht beschildert sind - OSM hat die Wege auch oft nicht erfasst – die Hunde lauern, man sollte die Wettersituation gut interpretieren… Ganz besonders trifft das Ausflüge, die bei Dunkelheit beginnen oder enden oder sogar eine Übernachtung umschließen. Letzteres war bei meiner letzten Wanderung der Fall.

 

Ich hatte die Tour bei „Xelatrekkers“ gebucht. Wir trafen uns bereits am Vorabend bei ihrem Büro in Xela, um die Wanderung zu besprechen und um die Ausrüstung und die Lebensmittel zu verteilen. Zelt, Nahrungsmittel, 3 Liter Wasser, Schlafsack, Isomatte, das alles wurde uns zur Verfügung gestellt, ggf noch Kleidung. Und musste natürlich geschleppt werden. Alle Rucksäcke waren prallvoll und ziemlich schwer. Nach einem wahrhaft leckeren (und, wie ich im Nachhinein feststellen konnte auch bekömmlichen) Abendessen im Restaurant „Flor de Maya“ übernachtete ich gleich im Hostel vor Ort.  Das war eine gute Idee – megaeinfach aber sauber und mit eigenem Bad und – jetzt kommt`s: HEIßER DUSCHE!!! Ich rechne schon gar nicht mehr davon mit, wenn ich mich unter eine Dusche stelle, dass die auch warm werden könnte und mache mich auf eine kurze Schockdusche gefasst. Aber nein: Dieses Wasser wurde warm und sogar heiß! Ich habe mich so darüber gefreut, dass mir direkt Freudentränen in die Augen schossen. Allerdings ließ mein blödes ökologisches Bewusstsein nicht zu, dies allzu lange zu genießen. Trotz der Regenzeit sind merkwürdigerweise die Wasserspeicher der Häuser oft nur sehr spärlich gefüllt. Also – ich duschte und machte mich früh ins Bett, da es am nächsten Morgen bereits um 5 Uhr losgehen sollte.

 

Kurze Info zu den „Xelatreckers“: Die sind eine Vereinigung von Voluntären, die unentgeltlich arbeiten und das eingenommene Geld Kindern in Xela zu Gute kommen lassen. Außerdem halten sie Kontakt zu den Kindern, besuchen sie, kochen miteinander. Richtig gut. Die Voluntäre sind junge Leute aus aller Welt. Mindest- (und für viele auch Höchst-) Aufenthaltsdauer ist 3 Monate. Ich finde, dass das ein ganz tolles Projekt ist. Und die Fahrten sind nicht einmal teuer: Die 500 Quetzales (etwas mehr als 50€) umfasste das Ausleihen der gesamten Ausrüstung, alle Busfahrten, Eintrittsgebühr zum Nationalpark, 2 Mahlzeiten im Restaurant, 3 Mahlzeiten beim Campen, Snacks und Bonbons und niedlicherweise sogar ggf. die 2 Quetzales Toilettengebühren. Und natürlich die Fürsorge von 2 Reisebegleitern. Da kann man echt nicht meckern!

 

Die Anfahrt mit Pick-Up-Truck, Chickenbus, nochmals Chickenbus beanspruchte knapp 3 Stunden. Sie wurde unterbrochen durch ein vorzügliches Frühstück in San Marcos. Typisch guatemaltekisch: Eier, Frijoles = Mus aus schwarzen Bohnen, gebratene Platanen, und – wer´s mag – Tortillas.

 

Schon in Xela hatte es genieselt. Der Niesel wurde zwischendurch vom Nebel aufgenommen, dafür wurde dieser so dicht, dass man einfach gar nichts sah. Und so blieb es das ganze Wochenende! Die gute Nachricht: Es gab kein Gewitter und keinen Platzregen. Die schlechte Nachricht: Kälte, Nässe, kein Ausblick. Das war schon bitter. Der Aufstieg war nämlich zunehmend mühsam. Wir legten bei ca 3000 Höhenmetern los und endeten schließlich bei  4220m. Allerdings verteilt auf 2 Tage. Beim Anmelden wurde mir schon vorgeschlagen, ich könne mir auch ein Pony dazu mieten, das mein Gepäck oder/und mich tragen könnte. Weil, ab und zu tut einem ja mal der Rücken weh. Meinte der Jungspund im Büro. Was bildet der sich ein? Ich bin doch kein Grufty? Oder doch? Beim Aufstieg jedenfalls fühlte ich mich wie eine mindestens Hundertjährige oder/und kurz vor einer Herzattacke. 2 Schritte steigen, dann wieder schnaufen, wie wenn ich noch nie einen Berg hochgestiegen wäre! Ich war echt erschüttert und erschrocken über meine Schlappheit. Aber den anderen, die halb so alt sind wie ich, erging es nicht anders. Die waren zum Teil sogar noch langsamer (okay – zum Teil auch schneller) als ich. Zunächst einmal liefen wir einen echt hübschen, abwechslungsreichen Weg durch Nadelwald und Steppgras die ersten 1000 Höhenmeter zum Basislager. Eine ebene Fläche, auf der wir gut unsere Zelte aufbauen konnten. Leider stellten wir dabei fest, dass wir ein Zelt vergessen hatten und wir uns in der Nacht sehr eng zusammenkuscheln müssten. 11 Leute in einem 4-Personen und einem 2-Personenzelt! Den Nachmittag verbrachten wir mit dem schließlich sogar erfolgreichen Versuch, ein Feuerchen zu machen. Allerdings war das Feuerchen eher ein Flämmchen, das aber immerhin 1 Stunde durchhielt. Ich allerdings hielt nicht so lange durch, mir war SOOO kalt! Ich legte mich mit meiner SZ-App in meinen Schlafsack in eines der Zelte. Die Leute waren übrigens sehr interessant – aus aller Welt, einige Voluntäre, einige Spanischstudenten, einige Touristen. Ein munterer, vergnüglicher Haufen. Verkehrssprache Englisch, versteht sich. Tat mir auch mal gut, ohne viel Übersetzungsleistung einfach munter daher zu plappern.

 

Am nächsten Morgen ging`s kurz nach 3 Uhr los. Leider wieder bei Nieselregen und dichtem Nebel. Irgendwie hofften wir doch, dass der Himmel am Gipfel  - und sei es auch nur für ein Momentchen – aufreißen würde. Tat er aber nicht. Also kauerten wir, Bananenbrot kauend, in einem kleinen Schutziglu aus Lehm, liefen dann zum Zeitpunkt, bei dem sich uns der Sonnenaufgang hätte präsentieren sollen auf den Gipfel. Nichts. Nur weiß. Schade. Aber so ist es halt in der Natur. Man kann nicht einfach das Wetter so programmieren, wie man es gerne hätte. Die Stimmung war dennoch toll. Der Berg wird von den Mayas als Heiligtum verehrt. Sie legen Blumen und Maiskolben aus und beten für eine gute Ernte oder Gesundheit oder was auch sonst immer so anfällt. Wir hielten uns nicht lange am Gipfel auf, liefen zu unserem Camp zurück, bereiteten uns unser Frühstück und machten uns dann bald wieder auf den Heimweg. Am Fuße des Berges wartete dann noch ein nahrhaftes Mittagessen auf uns (Hühnchen mit Reis und Guacamole). Anschließend mussten wir ziemlich lange auf unseren Chickenbus nach San Marcos warten. Der machte seinem Namen alle Ehre, er war mehr als voll! Hühner fuhren auch mit. Allerdings auf dem Dach, die armen Viecher. Die Leute saßen z.T. zu viert auf Zweierbänken. Und dazwischen standen noch etliche. Trotzdem animierte der „ayudante“ noch weitere Leute zum Einsteigen. Unglaublich! In Xela angekommen, verabschiedete ich mich von der netten Truppe und fuhr noch die 90 Minuten nach Momostenango. Dort machte ich erst einmal Großwäsche: erst mich, dann meine gesamte Ausrüstung incl. Rucksack. Und heute habe ich Muskelkater, Halsschmerzen, Schnupfen und Husten. Das kommt von das. Und heute ist natürlich wunderbarstes Wetter mit keinem einzigen tropfen Regen und unglaublicher Fernsicht!!!

 

3.6./4.6. Ausflug zum Mirador (Aussichtspunkt)                            zum Vulkan Santiaguito

3.6. Tag in Xela

Bereits gestern (Samstag) war ich nach Xela gefahren. Dieses Mal in das Hotelchen meiner Träume: Heller Innenhof mit Nympfensittichen (im Käfig) und anderen Piepmätzen, supernettes Personal, Zimmer hübsch, sauber mit gediegenen Möbeln (also genau zu mir passend), Kleiderhaken! Schrank! funktionierendes WLan, Küche steht jeder Zeit zur Verfügung… Was will der Mensch mehr? Ich bin halt doch ein Ästhet (okay, verwöhnt) und eine helle hübsche Umgebung ist Voraussetzung für mein Wohlbefinden.

 

Also – mal hübsch der Reihe nach: In Xela angelangt lief ich von dem „Terminal Minerva“ (Endstation der Busse) erst einmal zum nahe gelegenen Zoo. Ich mag Zoos und Türme und Kirchen und Friedhöfe und gucke mir sie nach Möglichkeit in jeder Stadt an bzw. besteige sie. So bin ich nun einmal. Also ab in den Zoo. Ich erwartete eine hässliche, vernachlässigte Ansammlung viel zu kleiner Käfige mit ein paar unglücklich dreinschauenden, auf- und ablaufenden Tieren. Umso größer mein freudiges Erstaunen, einen gepflegten Park mit Blumenbeeten (!!!) und einigen recht großzügig, schön gestalteten Habitaten vorzufinden. Es gibt auch kleine Käfige, an denen jedoch Schilder hängen mit der Entschuldigung, dass dies nur vorübergehende Domizilien seien, bis zur Fertigstellung der endgültigen Behausungen. Hoffentlich werden die noch zu Lebzeiten der Tiere gebaut. Ich habe in der Anlage keine Baustellen entdecken können. Also, der Zoo war schön und bestückt mit einigen, heimischen Tieren, die ich noch nie gesehen habe. Z.B.“Zorra gris“ (zu deutsch Graufuchs) sieht eher aus wie eine Mischung zwischen Katze, Hund und meinetwegen Fuchs. Ca. ¼ so groß wie unser Fuchs. Oder ein Wildschwein mit schmucker Halskrause (pecari de collar) Oder die Zipotes, so eine Mischung aus Waschbär und Riesenratte. Die waren Svenja und mir am Atitlán See gehörig auf den Leib geruckt, so dass wir fluchtartig unser Mittagsbrot wieder einpackten und uns davon machten. 

 

Bereits im Zoo fing es an zu tröpfeln. Und die Tropfen sammelten sich zu einem gewaltigen, mehrere Stunden andauernden Guss incl. Blitz und Donner. Das traf sich prächtig: Ich hatte nämlich gerade wieder mal Hunger und so konnte ich die ca 2 Stunden überdacht und einigermaßen trocken sitzend an einem Essenstand abwarten. Ich missachtete meinen Vorsatz, NIE WIEDER Essen von der Straße zu mir zu nehmen, aber die Tortillas mit Hühnchen und Reis und Bohnen lachten mich zu sehr an. (Bisher: Keine negativen Folgen) Außerdem brauchte ich ja eine Berechtigung, einen Sitzplatz so lange zu blockieren. Die Zeit verbrachte ich außerdem mit meiner geliebten SZ. Das ist schon irre, dass ich so weit weg von zu Hause einfach täglich meine Tageszeitung lesen kann! Und immer die aktuelle Ausgabe! Als der Regen sich ein wenig abschwächte und die Donner und damit die Blitze (vor denen ich höllische Angst habe, da es hier keine Blitzableiter gibt und jedes Jahr Menschen zur Blitzschlag zu Tode kommen) sich entfernten, machte ich mich denn doch auf den Weg in mein Hotelchen. Mir gelang es zunächst ganz gut, balanzierender- und springenderweise die Ströme und Seen zu überwinden, da kam ich an eine Stelle, die mich erinnern ließ an: „Und er kommt ans Ufer mit wanderndem Stab, da reißt ein Strudel die Brücke hinab und donnernd sprengen die Wogen des Gewölbes krachenden Bogen.“ Ohne Schmarrn, ich dachte echt an diese Zeilen. Bürgschaft hin oder her – ich hatte Blickkontakt mit einem jungen Mädchen auf der anderen Straßenseite. Wir lachten uns an und versuchten beide den Riesensprung. Ergebnis: Komplett durchweichte Schuhe. Na, toll! Und mit denen wollte ich am nächsten Tag wandern.  (Bei der Gelegenheit erfand ich den Trick: Plastiktüte über die Strümpfe anziehen!) Freundlicherweise entdeckte ich einen Bus, der mich in die Nähe meiner Unterkunft fuhr. Dort wartete schon eine nette, junge Frau mit hochschwangerem Bauch auf mich. Sie drückte mir Handtuch und rosa Bademantel (Wie süß ist das denn? Und auch noch frisch gewaschen!) in die Hand. Ich hatte nämlich die Billigvariante ohne eigenes Bad gewählt. Machte aber nichts. Ich war sowieso der einzige Gast an diesem Wochenende. Und die Fernbedienung für den Fernseher und das Passwort für das WLan. Das Hotelchen heißt übrigens „Hostel Dona Mercedes“.  Nur, falls ihr da mal hinwollt. Preis: umgerechnet 12€ pro Nacht/Person. Kann man bei der Ausstattung überhaupt nicht meckern. Den restlichen Nachmittag verbrachte ich im überdachten Innenhof, lauschte dem Regen und den Vögeln, hielt eine Tasse Kaffee in den Händen, las, nutzte das Internet, in dem ich spaßeshalber einen Spanisch-Einstufungstest des Bildungszentrums Nürnberg machte (Jawoll – ich bin bereit für B2!) und war mit mir und meiner Umgebung sehr zufrieden. Am späten Nachmittag ließ der Regen nach und ich wollte noch das letzte Tageslicht zu einem Spaziergang nutzen. Mein Ziel war der Cerro al Baúl. Ein Aussichtspunkt auf der Anhöhe eines Bergleins. Wenn es hier schon keine Türme zu besteigen gibt! Mit Hilfe meines Osm fand ich auch gleich den Einstieg. Im Gegensatz zu Svenjas und meinem Erstversuch in der Osterwoche (s. „Reise mit Svenja“ – gegen Schluss) lief ich mutig weiter. Ich hatte einfach Lust, endlich diesen Weg zu laufen und ich hatte keine Lust auf Angst. Allerdings war die denn doch mein Begleiter. Immer wieder guckte ich mich um, ob mir einer folgte. Es waren aber nur die Regentropfen, die von den nassen Bäumen herunterfielen. Kein Mensch weit und breit. Auch kein anderer Spaziergänger. Leider. Also lief ich im Sturmschritt den sehr hübschen Weg hoch, genoss am Aussichtspunkt kurz die Aussicht und machte mich dann schleunigst wieder auf den Rückweg. Es dämmerte nämlich bereits. Und die Dämmerung geht innerhalb von weniger als 15 Minuten in stockfinstere Nacht über. Aber ich schaffte es und war riesig stolz auf mich. Ich lasse mich von der Angst hier doch nicht klein machen. Allerdings erfuhr ich heute von meinem Ausflugsbegleiter, dass ganz Guatemala incl. der Hauptstadt supersicher seinen mit einer Ausnahme: Der Cerro al Baúl bei eintretender Nacht. Na ja. Jeder hat da wohl seine eigene Liste. Aber -keine Sorge- da laufe ich nicht noch einmal am Abend – okay? Zur Belohnung gab es in der „Passaje de Enriquez“, einer sehr schönen Jugendstilpassage in der Nähe meiner Unterkunft, ein Gläschen Weißwein und lecker Käsehamburger mit Pommes. Genau das Richtige! Anschließend ging es ab ins Bett und nach 2 Stunden „Tatort“ und „Die Heute Show“ in das Land der Träume.

 

 

 

3.6. Ausflug zum Mirador des Santiaguito

 

Bereits um 6 Uhr wurde ich von Edi, meinem persönlichen Führer, abgeholt. Außer mir hatte sich nämlich keiner zu dieser Tour angemeldet. Also dann eben privat. Die Fahrt zum Ausgangspunkt ging durch einen Spontansee. Kreiert von den nächtlichen Regengüssen. Da erweist es sich, ob ein Auto Vierradantrieb hat und v.a. wie hoch es gesetzt ist. Unser Auto war Gott sei Dank hoch genug, um den kniehohen See zu bewältigen. Diese Wasserstandsangabe ist keine Vermutung, sondern gesicherte Beobachtung. Vor uns musste nämlich ein anderer Autofahrer sein Auto stehen lassen und ans Ufer waten! Die Fahrt war kurz: Berits gegen halb 7 Uhr liefen wir los. Der Weg führte durch grüne Hänge, an Kühen, Schafen und Ziegen vorbei, immer aufwärts. Nur der Blick auf den Vulkan Santa Maria erinnerte mich daran, dass ich mich nicht gerade in den Bayerischen oder österreichischen Alpen befand. Und das fehlende Kuhglockengeläut. Nach 1,5 Stunden bergansteigen und munteren Gesprächen mit dem netten Edi gab die Überraschung: Nach einer Kurve rückte der „Santiaguito“ in den Blick. Über dem Krater zeigten sich vielversprechende Rauch- bzw. Aschewölkchen. Wir nutzen die Wartezeit mit Frühstück mit Aussicht. Wir warteten und warteten und nichts tat sich. Da gab der Berg plötzlich ein Rumoren von sich (ähnlich einem nahenden Flugzeug) und da war sie – die Eruption! Whow! Okay, ohne Feuer und Flammen und Lavamassen. Also nicht ganz so wie damals in Pompei. Aber immerhin: riesige Rauchwolken mit der beschriebenen, passenden akustischen Untermalung. Ich war hin und weg. Wer mich mal besucht, dem kann ich das Schauspiel per Filmchen vorführen.

 

Das Wetter war uns wohl gesonnen: Freie Sicht, sogar ein wenig Sonne. Ist auch angebracht als Entschädigung für letztes Wochenende!

 

Edi brachte mich direkt zu meiner Busstation. Inzwischen bin ich schon so weit an die Raserei gewöhnt, dass ich es meinen Mitreisenden gleichtue und ein Nickerchen versuche.  Dies gelang mir allerdings erst zu Hause in meinem Bettchen.

9./10.6.2018 Ein Wochenende in San André, Salcajá und Xela

Obwohl an diesem WE keine Vulkan- oder sonstige Besteigung anstand, packte ich doch wieder am Samstagmorgen meinen Rucksack und machte mich auf nach Xela. Zunächst einmal nach San André. Das ist ein Dorf zwischen 4 Caminos und Salcaja, ca. 1 Chickenbusstunde entfernt von Momo. Kurz nach 4 Caminos sieg ich in einen Fletero um.(Pick-Up, der seinem Namen alle Ehre macht, da seine Bestimmung tatsächlich ist, Leute mitzunehmen) Die meisten Leute stehen auf der Ladefläche und zu denen zähle ich mich inzwischen auch. Ich stellte mich gleich einer Gallionsfigur vorne hin und genoss es, mir bei voller Fahrt den Wind um die Nase wehen zu lassen. So weit bin ich schon! Vor 4 Wochen noch hätte ich mich furchtsam niedergekauert und mir einen gepolsterten Sitzplatz und v.a. einen Sicherheitsgurt gewünscht. Auch das Chickenbus-Fahren macht mir zwar kein Vergnügen, bereitet mir aber auch nicht mehr die Todesangst wie zuvor. Man stumpft halt ab bzw. gewöhnt sich an die Gegebenheiten. Vielmehr: Bei rasanter, riskanter Fahrt gestaltet sich die Fahrzeit unterhaltsamer, eben spannender als das vorsichtige Gefahre bei uns!

 

In San André wartete eine tolle Kirche auf mich, mit bunter Fassade. (s. Foto) Nach 10 minütigem steilen Anstieg kann man noch eine weitere bunte Fassade besichtigen, die zu einer Kapelle gehört. Echt total schön! Auch der Ort ist interessant – überall sieht man auch den Dächern bunte Wolle  auf Wäscheleinen aufgehängt. Ich habe durch einen Schlitz eines Gebäudes gelurt und dabei große, automatische Webstühle entdeckt! Aha! Hier wird also Faden zu Stoff verarbeitet! Habe ich ganz schlau analysiert! Direkt von der Kathedrale aus führt ein Chickenbus nach Salcajá, meiner zweiten Besichtigungsstation. Salcajá war mir bei meinen häufigen Fahrten nach Xela schon häufig aufgefallen: Vielversprechende Kirchenfassade und Markt mit vielen, vielen, bunten Stoffen. Die Kirche war auch von innen ganz schön, v.a. die Verzierung mit den elegant von der Decke aus drapierten Stoffen. Mit den Heiligen- und Jesusdarstellungen kann ich nichts anfangen. Besonders Jesus wird gerne schmerzverzerrt oder in Todesstarre im Sarg liegend dargestellt. Aber  -  mir muss es ja nicht gefallen! Die Menschen hier rühren diese Darstellungen an und sie knien vor ihnen andächtig im Gebet versunken – oft mit lauter Stimme sprechend.

 

Ein Schmankerl hat Salcajá noch zu bieten: Die „Eremita de la Conceptión“ (s. Foto). Das ist die älteste Kirche in Lateinamerika! 1524 errichtet, in dem Jahr also, als Pedro de Alvarado sich Guatemala zu eigen gemacht hat. Leider ist die Kirche nur zu besonderen Gelegenheiten geöffnet – mein Erschein war offenbar keine. Durch das Schlüsselloch konnte ich einen Blick direkt auf die älteste Marienfigur erhaschen! Voll zentral! Fand ich gut! Ob sie das Schlüsselloch oder Maria extra so platziert haben?

 

Nach einem Gang durch den Markt – nein, ich habe keine Stoffe gekauft! Mein Gepäck ist sicher schon am Gewichtslimit! – stieg ich in den nächsten Chickenbus nach Xela. Ich freute mich wieder auf mein Hotelchen, auf stundenlanges Chillen am Sofa bei Tee und Lektüre, im Hintergrund das Piepen der Nymphensittiche, die Regentropfen auf dem Dach, im idyllischen Innenhof, Gebrauch des WLan und abends dann „Tatort“ und anschließend die „Heute-Show“ auf dem Handy mit Bier und Chips. Besser geht`s doch kaum, oder? Meine Idylle unterbrach ich allerdings, aufgeweckt durch die Klänge der guatemaltekischen Nationalhymne. Da geht was ab! -dachte ich mir. Auf keinen Fall möchte ich ein Event verpassen! Das Event war nur 200 m weg auf dem „Parque Central“. Die Gay-Association, oder wie die sich hier auch nennen, hatten ein sehr buntes Programm zusammengestellt: Mit Tänzen, Songs, Reden und v.a. sehr abenteuerlichem Outfit machten sie auf ihre Anliegen aufmerksam. Ich war freudig überrascht, dass eine Demonstration homosexueller Orientierung in diesem Land überhaupt möglich ist. Das Publikum zeigte sich neugierig, filmte fleißig und zeigte jedenfalls keine Abwehr. Da ist Xela halt schon eher Großstadt. In Momostenango wäre so eine Veranstaltung kaum denkbar.

 

Wochenende 29.6. bis 1.7.

 

Kinderfete 30.6.

 

Yari, Antonio, Dani, Alex, Gladis, Belén, Mariella und Vicky, alle von der Familie Xilox, trafen sich bei mir zum Kuchenessen, Topfschlagen, Jägerfrühstück und weiteren lustigen Spielen. Alle hatten viel Spaß.

Ausflug an die Pazifikküste am 1.7.

Früh am Morgen trafen wir uns, in einem Kleinbus auf dem Weg nach Tulate, einem kleinen Ort an der Pazifikküste. Uns, d.h. 10 Frauen aus der Familie Xilox und ich und Antonio. Die Fahrt nach Tulate zog sich in die Länge, zumal da wir an einem Ort Nahrungsmittel einkauften und dann gleich ein zweites Frühstück zu uns nahmen. Die Fahrt hatte sich dann aber gelohnt: Das Wasser war bacherlwarm und die Wellen superhoch! So hoch, dass mir gleich meine gute Sonnenbrille von der Nase gespült wurde. Bin aber auch blöd! Bei der Wärme (des Wassers aber auch der Luft) vergnügten sich alle ausgiebig in den Wellen. Die Nichtschwimmer (und das waren die meisten9 mit der gebotenen Vorsicht. (Also nur nahe am Rand) Leider wurde der Genuss wiedermal eingeschränkt durch den Müll am Strand. Ich beobachtete, wie der Ober des Restaurants, in dem wir uns niedergelassen hatten, Müll einfach auf den Strand warf. Ich sprach ihn an und er meinte, es sei ja nicht sein Müll sondern die Plastikbecher des Nachbarstandes. Wenn das mal kein triftiges Argument ist! 

7.7. Besuch in der Uni Totonicapan

 

Schade. Ich würde zum Abschluss ja noch gerne etwas Positives schreiben. Zum Beispiel von der Uni. Aber leider will mir dies nicht glücken. Habe ich einfach zu hohe Ansprüche, weil „Universität“ so eine schöne, von mir hochgeschätzte Einrichtung ist?

 

Viele junge, aber auch alt gediente Lehrer drücken hier noch mal die Uni- bzw. Schulbank, um sich nach einer nicht unbedingt befriedigenden Lehrerausbildung noch weiter zu qualifizieren. Die Uni findet immer ganztägig an Samstagen statt. Hausaufgaben gibt es reichlich, Ferien kaum. Ein anstrengendes Verfahren, zumal da die meisten Familie mit etlichen Kindern haben und eventuell noch weitere Jobs am Wochenende.

 

In aller Herrgottsfrühe stiegen Dolores, Juan und ich in den Chickenbus nach Totonicapan. Die Uni ist in einem Schulgebäude untergebracht. Juan hatte mich schon gewarnt, Dolores war es eher unangenehm, dass ich überhaupt mitfuhr. Also rechnete ich mit dem Schlimmsten, v.a. im sanitären Bereich. Was das betraf, wurde ich angenehm überrascht: Toiletten einigermaßen sauber, Wasser zum Nachspülen vorhanden. Das Klassenzimmer okay, mit „Stuhltischen“ ausgestattet, wie auch unsere Schule in Chocruz. Was will der Mensch mehr? Einen Unterricht, der etwas bringt, würde ich mal sagen. Das konnte ich leider nicht feststellen. Okay, wir sind in Guatemala. Da fängt der Unterricht schon mal etwas später an. Nach einem Morgenspielchen (Die Studenten sind ja alles Lehrer) wurde die Aufgabe des Morgens erläutert: Die Teilnehmer sollten verschiedene Gesetze nach ihren Kategorien geordnet erläutern. Eine reine Abschreibarbeit. Hübsch auf Postern gestaltet. Kein Uniniveau. Der Kursleiter nutzte die Zeit, um die Seminararbeiten im Schnellverfahren zu bewerten. 24 Arbeiten zu je ca 25 Seiten! Das so nebenbei in zwei Stunden! Da kann man nicht davon ausgehen, dass die Arbeit der Studierenden hinreichend gewürdigt und aussagekräftig bewertet wird. Er hat einfach nur in den Arbeiten geblättert, ein paar Sätze gelesen und dann sein Häckchen gesetzt. Leider habe ich ähnliches Korrekturverfahren auch bei den Lehrern in der Schule beobachtet. Schnell viel Abhaken ist die Devise. Da der Dozent doch etwas mehr Zeit zur „Bewertung“ der Arbeiten brauchte, mussten wir halt warten. Ich setzte mich derweil in die Sonne, da es im Klassenzimmer empfindlich kalt war und es außerdem schöner ist, draußen die SZ-App zu lesen.

 

Die Uni erscheint hier eher wie Schule: Die Gruppe bleibt zusammen in einem Klassenzimmer – am Vormittag wird der Unterricht von einem Lehrer erteilt, am Nachmittag von einer Lehrerin. Die Lehrer-Studenten verhalten sich wie die schlimmsten Schüler: Unterhalten sich lautstark, während der Dozent etwas erläutert. Laufen im Zimmer herum. Ein Kind einer Studentin sorgte durch Fußballspielen (!!) im Zimmer (!!!!) für weitere Unruhe.  Das schien keinen zu stören, jedenfalls sagte keiner was. Und ich auch nicht, obwohl es mich sehr störte. (Muss ja nicht immer die Deutsche raushängen lassen.) Und wunderte. Jetzt verstehe ich, dass meine Schüler hier einfach eine andere Einstellung zu Aufmerksamkeit und Disziplin haben als ich. Weil es ihre Lehrer auch haben. Nebengeräusche (eher Hauptgeräusche) sind normal und werden nicht als störend empfunden.

 

Zum Mittagessen gingen wir alle in ein anderes Gebäude. Nach einem Obulus von 25€ wurde uns eine schmackhafte „Caldo“ (Suppe) gereicht.  Anschließend ging der Unterricht mit einer sehr netten Dozentin weiter. Erst mal wieder ein Auflockerungsspielchen (Wir sind ja Lehrer) und dann wurden zwei Videos gezeigt, zu denen man sich Notizen machen sollte. Diese Notizen wurden dann eingesammelt zwengs Bewertung (meine nicht). Da ich bereits hinreichende Eindrücke von der Schul-Uni gewonnen hatte und außerdem todmüde war und ständig mit dem Schlaf kämpfte, verabschiedete ich mich von der netten Gruppe und begann mich auf den besonders langen Weg nach Momostenango. Der Bus fuhr eine mir bisher unbekannte Strecke auf immer kleineren und holprigeren Straßen ab. War aber landschaftlich schön und wenn der Bus nicht gar so rappelvoll gewesen wäre, hätte ich die Fahrt richtig genossen.